ÄCHZessibility Award: Wir zeichnen aus, was beim Swiss App Award noch fehlt

Am 21. März werden in Zürich zum ersten mal die Swiss App Awards verliehen. Mit-Organisator Christian Frei hat mir verraten, worum es dabei geht und welche Rolle die Barrierefreiheit der Apps bei der Nominierung spielt. Unser Fazit: Wir kümmern uns selbst drum.
Siegespokal mit Schriftzug "Teil 1"

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Service: Zu diesem Text haben wir auch einen Audio-Beitrag mit Original-Ausschnitten aus dem unten zitierten Gespräch. ÄCHZessibility Award 01: Interview mit Christian Frei – MP3 (ACHTUNG: Diesmal nur Lo-Fi Tonqualität)

«Für alles gibt’s Awards in der Schweiz, aber nicht für Apps»

Bei den Swiss App Awards, ins Leben gerufen durch Trifork GmbH, sollen die besten Schweizer Apps, welche im vergangenen Jahr veröffentlicht oder weiter entwickelt wurden, gekührt werden. «Great apps deserve great attention» – «Grossartige Apps verdienen hohe Aufmerksamkeit», heisst es denn auch auf der Website des Anlasses.

Tatsächlich erläutert Christian Frei, Mitarbeiter bei Trifork und Co-Organisator der Swiss App Awards, schmunzelnd: «Für alles gibt’s Awards in der Schweiz, aber nicht für Apps». Dabei gäbe es hierzulande so viel Innovation in diesem Bereich, dass es sich lohne, ihn sich genauer anzusehen.

Obwohl neu, klein und unbekannt, stiess die Ausschreibung des Awards auf grosses Echo: 130 Apps gingen bis zur Deadline zur Benotung ein und wurden von einer acht köpfigen Jury unter die Lupe genommen. Das Resultat, sechs Award-Kategorien mit jeweils fünf nominierten Apps, kann zur Zeit im Internet studiert werden.
Laut Lead-Text seien es allesamt nicht nur sehr innovative Apps, sondern auch solche, welche «sowohl in technischer wie auch Design bezogener Hinsicht exzellent umgesetzt wurden».

Usability: Ja! Aber Accessibility?

Auf die Barrierefreiheit der Apps angesprochen, betont Herr Frei zunächst deren hohe Priorität: «Benutzerfreundlichkeit ist gerade bei Apps extrem wichtig, denn sie werden von verschiedenen Menschen genutzt». Eine App zu programmieren, die nur von einer bestimmten Zielgruppe genutzt werden könne, sei nur dann sinnvoll, wenn sie sich ausschliesslich an diese eine Zielgruppe richte. Aber da es bei vielen Apps gerade darum gehe, ein breites Publikum anzusprechen, seien die Prinzipien der Benutzbarkeit enorm wichtig.
Entsprechend wurde denn auch bei der Benotung zum Swiss App Award auf die Benutzerfreundlichkeit geachtet, zumal sich gleich mehrere Jury-Mitglieder auf den Bereich der App-Usability spezialisierten.

Das «Grosse Aber» kommt, als ich noch einmal gezielt bezüglich der Accessibility – der Benutzbarkeit der Apps mittels assistiven Technologien – nachfrage. Nein, mit zusätzlichen Hilfsmitteln habe man sich nicht auseinander gesetzt, und zwar bewusst nicht; denn da nicht für alle SmartPhones die gleichen Hilfstechnologien bestehen, wäre ein Vergleich der Apps nicht mehr möglich gewesen. Auch darauf, allenfalls eine spezielle Award-Kategorie für Accessibility zu kreieren, habe man diesmal verzichtet.

Willkommen zum ÄCHZessibility Award

Inwiefern sagt eine gute Note im Bereich der Benutzbarkeit (Usability) auch etwas über die Barrierefreiheit (Accessibility) aus? würden blinde SmartPhone User die gleichen Apps mit einem Award auszeichnen? Oder hört die exzellente technische Umsetzung auf, sobald eine assistive Technologie ins Spiel kommt?

Für Menschn mit Behinderungen, die SmartPhones ähnlich häufig nutzen wie Nicht-Behinderte, sind solche Fragen zentral. Dass sie beim Swiss App Award umschifft (oder besser: einfach vergessen) wurden, war wohl zu erwarten – schliesslich ist unsere Gesellschaft nach wie vor recht gut darin, die Anliegen von Menschen mit Behinderungen zu vergessen. Wir merken aber, dass wir diesmal die zentralen Fragen zur Barrierefreiheit nicht unbeantwortet lassen wollen.

Die Stiftung «Zugang für alle» hat sich darum spontan entschieden, die offiziell nicht durchgeführten Tests mit Hilfstechnologien nachzuholen, so dass wir hoffentlich am Mittwoch die Auszeichnung verkünden können, die beim offiziellen Swiss App Award noch fehlt, nämlich: Den ÄCHZessibility-Award!

In den nächsten Tagen werden wir Ihnen auf diesem Blog darum die nominierten Apps vorstellen und prüfen, inwiefern sie nutzbar bleiben, wenn man mittels assistiver Technologien damit arbeitet.
Aber wir wollen noch mehr tun: Nebst den Apps werden wir Ihnen einige blinde und stark sehbehinderte SmartPhone User vorstellen, um aufzuzeigen, dass der Anwenderkreis derjenigen, die auf barrierefreie Apps angewiesen sind, grösser ist, als man vielleicht annimmt.

Im projekt ÄCHZessibility Award erlauben wir uns, zwei Einschränkungen zu machen:

  • Wir befassen uns ausschliesslich mit Aps, die für IOS-Geräte (Iphone, Ipad etc) entwickelt wurden. Dies, weil etwa der in IOS integrierte VoiceOver Screen-Reader von allen assistiven Technologien auf anderen SmartPhones am tiefsten ins Betriebssystem integriert ist.
  • Wir arbeiten diesmal ausschliesslich mit blinden und stark sehbehinderten Personen zusammen. Diese arbeiten meistens mit dem VoiceOver Screen-Reader, schalten aber teilweise auch auf die Vergrösserungs-Software Zoom um.

Wie geht’s weiter?

Und was sagen die Leute vom Swiss App Award zu unserer Aktion? Die scheinen sich sehr dafür zu interessieren. Christian Frei: «Ich wäre sehr an einem Feedback interessiert. Für mich ist es spannend, unsere Finalisten darauf zu sensibilisieren. Der Swiss App Award ist natürlich ein tolles tool, um Branchen- und Geräte-übergreifend Firmen auf solche Anliegen aufmerksam zu machen.» Bei meiner Bitte nach seiner Prognose zur zugänglichsten Swiss App winkt er aber ab: «Da kann ich mir kein Urteil erlauben. wir haben so viele verschiedene Apps in den sechs Kategorien, dass ich es nicht einfach so sagen kann; abgesehen davon, dass mir auch die Erfahrung dazu fehlt.»

Welche Resultate wir ermitteln, können Sie in den kommenden Tagen an dieser Stelle nachlesen.
Bereits morgen präsentieren wir Ihnen die ersten Portraits mit einigen Highlights aus der Award-Kategorie «Most Downloaded Apps».

Anmerkung: Der ÄCHZessibility Award steht in keinem offiziellen Verhältnis mit dem Swiss App Award; er wurde aber klar durch ihn inspiriert. 🙂

2 Kommentare zu “ÄCHZessibility Award: Wir zeichnen aus, was beim Swiss App Award noch fehlt

  1. Hallo René

    Vielen Dank für Deine Analyse zum Pilotifanten. Weil wir für den Bleistift-Stil keinen echten Text, sondern kleine Bilder mit Bleistift-Buchstaben verwendet haben, ging leider die Lesbarkeit für Screenreader verloren.

    Für unsere nächsten Projekte werden wir versuchen, diese Unterstützung wieder einzurichten.

    Beste Grüsse,

    Matthias vom Gbanga-Team

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